Pädagoge

Zeitungsdoppelseite "Die Geige und ihr Meister"
Am 12. Mai 1934 würdigte der „Fränkische Kurier“ das künstlerische Schaffen Marteaus, illustriert mit Aufnahmen zur korrekten Haltung. (Foto: Fränkischer Kurier Nürnberg)

Schon früh hatte Henri Marteau auch als Pädagoge ersten Erfolg. Bis zu seinem Tod im Jahr 1934 unterrichtete er in Lichtenberg Schülerinnen und Schüler aus aller Welt.

Professor in Genf

1900 nahm Henri Marteau mit nur 26 Jahren eine Professur am Konservatorium in Genf an. Einen überwiegenden Teil seiner Unterrichtsstunden investierte Marteau in die neu eingerichtete Meisterklasse für Violine. Dabei nahmen die Unterrichtswerke seiner Vorbilder Joseph Joachim (1831–1907), dessen Violinschule er ins Französische übersetzte, und Hubert Léonard (1819–1890) eine besondere Rolle ein.

Einer seiner wohl prominentesten Genfer Schüler war Florizel von Reuter (1890–1985), dem Henri Marteau 1900 ein Stipendium am Konservatorium anbot. Von Reuter war als Violinvirtuose und Pädagoge sowohl in Europa als auch in Amerika erfolgreich.

Henri Marteau als Professor in Genf
Eine Postkarte vom Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt Henri Marteau in seiner Funktion als Professor am Genfer Konservatorium. (Foto: Leyvraz et Junger, Montreux)
Professor in Berlin
Henri Marteau in Berlin
Henri Marteaus Berufung als Nachfolger von Joseph Joachim stieß nicht nur auf Begeisterung. (Foto: Zander & Labisch)

Joseph Joachim, Begründer der Berliner Musikhochschule und dort zugleich Professor für Violine, starb am 15. August 1907. Sein Wunschnachfolger war Henri Marteau, den er bereits seit den 1880er Jahren kannte. Von der negativen Grundstimmung aufgrund seiner französischen Herkunft ließ sich Henri Marteau nicht beeindrucken. Die Berliner Professur nahm er zum Wintersemester 1908/09 auf. Zu seinen Berliner Schülern zählten zum Beispiel Licco Amar (1891–1959), Carl von Garaguly (1900–1984) und Rolph Schroeder (1900–1980).

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Henri Marteau verhaftet. Nach zweifacher Internierung unterschrieb er im März 1915 eine Vereinbarung, mit der er aus der Berliner Hochschule ausschied, um seine persönliche Situation zu entspannen. Jedoch glaubte er zu diesem Zeitpunkt noch daran, die Stelle nach dem Krieg wieder aufnehmen zu können.

Professuren nach dem Ersten Weltkrieg
Henri Marteau in Prag
Henri Marteaus Anstellung als Professor in Prag dauerte nur zwei Jahre. (Foto: unbekannt)

Alle Bemühungen, nach dem Krieg als Professor nach Berlin zurückkehren zu können, blieben letztlich erfolglos. Es folgten jeweils nur noch kürzere Anstellungen an verschiedenen Instituten – von 1922–1924 an der Deutschen Akademie für Musik und darstellende Kunst in Prag und 1926/27 an der Musikhochschule in Leipzig.

Zuletzt nahm er 1928 eine Lehrtätigkeit am Konservatorium in Dresden auf. Trotz seines Ansehens als Pädagoge und Künstler interessierten sich nur wenige Schüler für seine Klasse. Im Mai 1934 endete diese Tätigkeit, da sich keine Schüler mehr zu seiner Klasse angemeldet hatten.

Henri Marteau als Privatlehrer

Nicht nur an Hochschulen, sondern auch privat hat Henri Marteau Geigenunterricht gegeben. Schon kurz nach Fertigstellung des Hauses in Lichtenberg 1913 begann er, seinen begabtesten Schülern aus aller Welt dort in sogenannten „Sommerakademien“ Privatunterricht zu geben. Auch darüber hinaus waren immer wieder Schüler im Lichtenberger Anwesen zu Gast, mit denen er intensiv arbeitete.

Willy Freund, ein Schüler Marteaus, schrieb nach dessen Tod 1934 in einem Brief über seinen Lehrer und die Zeit in Lichtenberg:

„Was er mir auf meine berufliche Lebensbahn mitgegeben ist eben etwas besonderes, weil es gewissermassen viel tieferen Eindruck hinterlassen als das was die meisten meiner früheren Lehrer mir mitgegeben. Ich muss sagen dass die Stunden des Jahres 1920 in Lichtenberg eine meiner schönsten Erinnerungen sind und jetzt naturgemäss im Geist wieder lebendig geworden sind. Wie traurig für mich dass dies nun endgültig der Vergangenheit angehören wird…“

Henri Marteau im Kreise einiger Schüler
Henri Marteau lud viele begabte junge Musikerinnen und Musiker nach Lichtenberg ein und gab ihnen dort Unterricht. (Foto: Wilhelm Müller)
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