Geschichte

Im denkmalgeschützten Wohnhaus des damaligen Weltstars Henri Marteau betreibt der Bezirk Oberfranken seit 1982 eine Internationale Musikbegegnungsstätte.

Tischgruppe im Meisterzimmer von Haus Marteau
Im Meisterzimmer arbeitete Henri Marteau an seinen Kompositionen. (Foto: Frank Wunderatsch)
Haus Marteau 1913
Eine Postkarte aus dem Jahr 1913 zeigt die neu errichtete Villa Marteau mit Bediensteten und den beiden älteren Töchtern Henri Marteaus im Vordergrund. (Foto: J. A. Schmidt)
Villa Marteau als Familienwohnsitz
Henri Marteau mit Familie und Schülern
Die Villa Marteau war Wohnsitz und Bildungsstätte zugleich, wenn der Meisterviolinist (mittig, mit seiner Frau und den Töchtern, circa 1926) begabte Schüler in seinem Haus unterrichtete. (Foto: unbekannt)

Haus Marteau wurde 1912/13 vom seinerzeit weltberühmten Geigenvirtuosen Henri Marteau und seiner zweiten Frau Blanche (1887–1977) errichtet. Die Pläne stammen von dem Schweizer Architekten Hans Schwab (1875–1950).

Ursprünglich als Sommersitz gedacht, wurde das Haus nach dem Ersten Weltkrieg zum Hauptwohnsitz der Familie Marteau. In dieser Zeit dienten die Räume im Untergeschoss zu Lager- und Wirtschaftszwecken. Das Erdgeschoss prägten die repräsentativ gestalteten Empfangs- und Privaträume, ausgestattet mit französischen Stofftapeten, zahlreichen Gemälden und wertvollem Porzellan. Im Obergeschoss befanden sich Kinderzimmer, Gästezimmer, ein Spielzimmer sowie das sogenannte „Meisterzimmer“ als Arbeitsraum für Henri Marteau.

Bereits seit 1913 gab Henri Marteau seinen begabtesten Schülern dort Geigenunterricht – teils privat, teils in sogenannten „Sommerakademien“. Seine Schüler kamen aus Europa und den USA und wohnten während dieser Zeit bei Lichtenberger Familien. Die öffentlichen Abschlusskonzerte der „Sommerakademien“ in der Lichtenberger Turnhalle waren auch ein Dankeschön für die Gastfreundschaft der Lichtenberger.

Henri Marteau starb 1934; das Haus blieb in Familienbesitz. Nach dem Tod seiner Frau Blanche im Jahr 1977 bemühten sich die älteste Tochter und der Enkel Marteaus, Raymonde Linsmayer-Marteau (1910–2012) und Peter Linsmayer (1935–2005), um eine musikalische Weiternutzung der Villa.

Internationale Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken

1980 erwarb der Bezirk Oberfranken das Anwesen, vermittelt durch die Regierung von Oberfranken und unterstützt von der Oberfrankenstiftung, inklusive eines Großteils der originalen Einrichtung. So konnte die besondere Atmosphäre der Künstlervilla erhalten werden. Für die geplante Nutzung waren allerdings einige Umbauarbeiten nötig. So wurde aus der offenen Raumfolge vom ehemaligen Boudoir über die Bibliothek zum Speisezimmer ein großer Unterrichts- und Konzertraum im Erdgeschoss. Das frühere Schlafzimmer der Eheleute Marteau wurde in einen weiteren Unterrichtsraum umgestaltet. Im Obergeschoss wurden sämtliche Zimmer in Übungsräume umgewandelt. Einzig das Arbeitszimmer Henri Marteaus, das heutige „Meisterzimmer“, blieb unverändert.

Die Eröffnung der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau fand am 22. Oktober 1982 statt. In historischem Ambiente finden seitdem vielfältige Meisterkurse für den internationalen Profimusikernachwuchs statt. Das grundlegende Konzept dazu wurde von Prof. Dr. Günther Weiß (1933–2007) von der Musikhochschule München entwickelt, der Haus Marteau ein Vierteljahrhundert lang als Künstlerischer Leiter prägte. Unter der künstlerischen Verantwortung von Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Sadlo (1962–2016), Professor für Perkussion am Mozarteum in Salzburg und an der Hochschule für Musik und Theater München, wurde die renommierte Institution weiterentwickelt und der Anbau eines Konzertsaals beschlossen. Nach dem frühen Tod Peter Sadlos 2016 begann unter seinem Nachfolger Prof. Christoph Adt, damals Vizepräsident der Hochschule für Musik und Theater München, im September 2017 die bauliche Erweiterung.

Dabei wurde von 2017–2021 ein Konzertsaal nach Plänen des Münchner Architekten Peter Haimerl an das Untergeschoss angeschlossen. Auch das Untergeschoss wurde komplett umgestaltet und so für den Kursbetrieb nutzbar gemacht. Der Kellerboden wurde um 60 cm abgesenkt und ist nun ebenso wie das Erdgeschoss und der Konzertsaal barrierefrei zugänglich. Neben einem Imbissraum finden sich dort nun ein großzügiges Empfangsfoyer sowie drei zusätzliche Übungsräume.

Blick in die Blibliothek
Die historisch belassenen Räumlichkeiten im Erdgeschoss dienen heute als Übungsräume. (Foto: Foto-Faktorei/Dirk John)
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